Lehrer – wir verbringen jeden Tag mit ihnen, sie quälen uns, sie unterhalten uns und manchmal bringen sie uns sogar etwas bei. Manchmal lieben wir sie, manchmal hassen wir sie. Wir möchten sie auf keinen Fall missen, aber eins ist klar: bei sich wohnen haben möchte man so einen Lehrer nicht!
Es gibt jedoch arme Seelen, bei denen genau das der Fall ist: Lehrerkinder! Ich gehöre zur betroffenen Spezies und kann euch einiges über das Leben eines Lehrerkindes erzählen.
In meinem Fall geht es sogar noch einen Schritt weiter. Meine BEIDEN Eltern sind Lehrer, mein Vater Mathelehrer, meine Mutter Deutschlehrerin. Kurzum: mein Ausdruck ist großartig, Mathe kann ich aber trotzdem nicht und obendrein bin ich übelster Klugscheißer. Ich habe quasi den natürlichen Drang, die Grammatik meiner Mitmenschen zu verbessern. Ich weiß, es nervt, aber so wurde es meine gesamte Kindheit mit mir gemacht, ich kann gar nicht anders!
Kennt ihr das, wenn Lehrer anfangen von ihren Kindern zu erzählen? Jeder Schüler liebt das! Man kann sich zurücklehnen, zuhören und es gibt keinen Unterricht. Mich stresst das! Denn ich frage mich dann jedes Mal, ob meine Eltern das mit ihren Schülern auch machen. Ich kann nur inständig hoffen, dass meine Eltern nicht so viel von mir und meinem Alltag erzählen, wie mein SoWi-Lehrer über den seiner Kinder.
Wenn beide Eltern Lehrer sind, kann es immer wieder zu eigenartigen Situationen kommen: Ich meine, wer kennt es nicht, beim Essen mathematische Diskussionen führen zu müssen oder Klausur – Aufgaben vom Vater probeweise durchzurechnen.
Lehrer ist kein Beruf – es ist eine Lebenseinstellung. Viele Leute können Berufliches und Privates nur schwer trennen, Lehrer können das gar nicht. Sie leben ihre Fächer!
Elternsprechtage als Lehrerkind sind besonders eigenartig! Meine Eltern verstehen sich meistens großartig mit meinen Lehrern, ich erinnere mich an eine sehr (!) skurrile Situation, als mein Vater einmal anfing, sich mit meiner Mathelehrerin über die Schönheit der Mathematik und den Beruf des Lehrers auszutauschen.
Das schlimmste ist jedoch, wenn man sich bei seinen Eltern über seine Lehrer aufregen will. Da antworten dann nie die Eltern, sondern die Lehrer. Nie im Leben würden meine Eltern mir zustimmen, nein, da folgt eher ein langer Vortrag über die Beweggründe des Lehrers und die Schwierigkeiten ihres Berufes, bla bla bla… Ich möchte hier aber nicht nur die negativen Aspekte nennen. Zum Beispiel hat meine Mutter fast jede Deutschlektüre, die man für die Schule braucht, im
Bücherregal stehen. Und der Besuch im Taschenrechner-Museum Bonn, in das mein Vater uns mal geschleppt hat, war nicht völlig uninteressant!
Ein Satz, den ich einfach nicht mehr hören kann, ist: „Cool, deine Eltern sind Lehrer? Da können die ja immer mit dir lernen!“
Mathe mit Papa, der Traum eines jeden Teenagers!
Auch besonders schön ist der Satz: „Beide Eltern Pädagogen! Da kann ja nichts schiefgehen!“
Meine Kindheit war so zum Brechen pädagogisch, ihr könnt es euch nicht vorstellen! Andere Geschwister haben früher einfach gestritten, mein Bruder und ich mussten dann immer in einen offenen Diskurs gehen und uns kritisch miteinander auseinandersetzen.
Mein Englischlehrer sagte einst den weisen Satz: „Wenn beide Eltern Lehrer sind, kannst du das Kind eigentlich schon bei der Geburt zur Therapie anmelden.“ Grüße an Herrn Holz (man beachte die korrekte Verwendung des Akkusativs, von Mama eingetrichtert.)
Lehrerkinder haben einen an der Klatsche, wie könnte es anders sein, wir wurden von denen großgezogen. Aber was soll’s! Mich schockt später nichts mehr und garantiert hab ich die korrekteste Grammatik am ganzen DBG.
Und so verrückt bin ich auch wieder nicht, sagt zumindest mein Therapeut.
P.S. Mama, Papa, ich hab euch trotzdem lieb!
Ein authentischer Erfahrungsbericht von Antonia Luigs (Q1)