Stellen Sie sich doch gerne kurz vor!
Ich bin Rosalie Engler, 28 Jahre alt, aus Düsseldorf. Ich ziehe jetzt nach Köln und ich habe in Düsseldorf Psychologie studiert, im Bachelor und im Master, meinen Master habe ich im Mai fertig gemacht und dann direkt hier an der Schule angefangen.
Was genau machen Sie hier? Was ist Ihr Job?
Ja, das ist eine interessante Frage! Ich mache eine psychologische Beratung und ich verstehe mich gerne als eine Anlaufstelle, wo man hinkommen kann, wenn’s einem nicht gut geht, wenn man Probleme hat, oder einfach gerne mal reden möchte. Ich habe vielen SchülerInnen auch gesagt, sie sollen herkommen, wenn’s einfach mal zu viel wird. Es ist mir sehr wichtig, eine Person zu sein, die ernst nimmt und zuhört, und auf der anderen Seite verstehe ich mich schon als ein Netzwerk. Ich versuche dann auch zu verbinden, mit Leuten, die sich besser auskennen.
Also Sie vermitteln auch an TherapeutInnen weiter?
Das versuche ich auf jeden Fall, da ich ja auch keine Therapeutin bin! Das ist mir auch wichtig zu sagen, ich glaube, das wird oft missverstanden. Ich bin keine Therapeutin, kann daher auch keine Therapie anbieten, aber ich bin gerne bereit weiterzuleiten. Bei mir ist es eher so, dass wir erstmal sprechen und schauen, was gebraucht wird. Ich denke, es ist auch ganz gut, dass ich keine Lehrerin bin und deshalb ja auch nicht bewerte.
Das heißt, der Begriff „Schulpsychologin“ ist gar nicht so richtig?
Ja, doch ich bin ja studierte Psychologin. Aber ich bin insofern nicht die klassische Schulpsychologin, weil ich häufiger da bin. Ich bin dreimal die Woche hier, jede zweite Woche viermal die Woche.
Haben Sie sich hier am DBG denn schon gut eingelebt?
Ja mittlerweile schon, ich hab Gefühl, ich habe mich jetzt auch eingelebt und ich wurde allgemein auch sehr herzlich empfangen. Ich hatte auch von Anfang an das Gefühl, dass das hier eine Schule ist, die ihre SchülerInnen sehr ernst nimmt und es auch mehr Angebote gibt, als jetzt zum Beispiel an meiner Schule früher.
Ist das denn hier jetzt eine feste Stelle? Also bleiben Sie hier länger?
Leider nicht. Ich würde sehr gerne hier bleiben, aber das ist hier quasi eine Corona-Hilfsmaßnahme, dass ich hier bin, und deshalb bin ich nur bis Ende Dezember hier.
Ich versuche hier jetzt soviel wie möglich zu vermitteln, damit hier auch was übrig bleibt von mir und meiner Arbeit.
Glauben Sie, dass psychische Krankheiten bei Jugendlichen heutzutage häufiger sind als früher?
Ich glaube, es gibt da zwei Seiten. Ich glaube, dass es schon mehr wird, weil sehr viele Informationen auf eine ganz andere Weise zugänglich sind und viel mehr passiert, das ist sehr belastend für junge Menschen. Auf der anderen Seite wird aber auch viel mehr darüber gesprochen, was ich sehr positiv sehe. Ich finde es bei der jüngeren Generation sehr beeindruckend, wie offen darüber gesprochen wird. Ich glaube Corona, hat sehr stark belastet, aber auch sehr viel ans Licht gebracht, was eh schon da war.
Psychische Krankheiten sind ja in der Gesellschaft immer noch so ein Tabuthema. Was glauben Sie, warum das so ist?
Das ist eine super interessante Frage, da hab ich schon super viel drüber nachgedacht. Ich glaube, weil es ja sehr lange einfach nicht ernst genommen wurde. Früher wurde man dann halt einfach als „irre“ abgestempelt. Außerdem ist es ja etwas, was man so direkt nicht sehen kann. Ein gebrochenes Bein kann man sehen, eine Depression nicht direkt. Und auch, weil die Gesetzeslage ja auch immer noch so ist, dass man, wenn man möchte, jederzeit zum Arzt gehen könnte, aber auf einen Therapieplatz muss man monatelang warten. Das ist eine Sache, die könnte sich ändern, ich glaube, dass das dringend gebraucht wird! Und wenn man das dann auch immer so reglementiert, dann ist es ja auch so, dass es dir wirklich richtig richtig schlecht gehen musst, damit du zur Therapie kannst. Ich finde es es viel sinnvoller früh zu gehen, um zu verhindern, dass es überhaupt soweit kommt. Und eine Sache, die mir auch noch einfällt, ist, dass viele Leute auch Angst davor haben, weil sie sich mit sich selber befassen müssen. Gerade viele Eltern und Großeltern haben sich auch nicht damit befasst und geben das dann so unterbewusst an ihre Kinder weiter.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es jeder Person im Leben mal zusteht, eine Therapie zu machen. Aber vielleicht tut sich ja auch schon was. Ich hab das Gefühl, dass eure Generation da schon viel mehr drüber spricht.
Wenn Sie jetzt hier sitzen und auch mit so vielen unterschiedlichen Schicksalen und Geschichten konfrontiert werde, wie ist das dann für Sie? Wie kriegt man es hin, das sensibel aufzunehmen und dann aber nicht selber überlastet zu werden?
Ja, das ist etwas, woran ich aktuell auch arbeite. Eine Ärztin, die mich im Praktikum betreut hat, hat mir mal gesag, man sollte keine Grenze ziehen, dann entsteht keine Interaktion. Sie meinte, man nimmt das alles mit und dann dreht man sich, wie in so einer Welle, miteinander und dann versucht man irgendetwas zurückzugeben. Ich fühle natürlich trotzdem viel mit und ich finde das auch gut. Was mir hilft, ist der Gedanke, dass ich ja ein bisschen immer helfen kann. Und wenn man mal zuhört, bringt das schon wahnsinnig viel. Deine Probleme sind nicht meine, sondern ich versuche dir bei deinen zu helfen.
Was müssten denn SchülerInnen, denen es schlecht geht, jetzt konkret machen? Kann man hier bei Ihnen einfach reinkommen?
Ja, ich gebe meine Sprechstunden raus, die stehen mittlerweile auch auf dem Vertretungsplan. Man kann mich über Teams erreichen und da einen Termin ausmachen, oder man kommt einfach. Auch in der Unterrichtszeit oder in Notfällen. Man muss hier auch nicht reden, man kann hier auch einfach hinkommen, wenn’s gerade einfach mal zu viel wird. Immer sehr gerne herkommen, meine Tür ist offen! Und sobald diese Tür sich schließt, bleibt auch alles bei mir. Ich stehe unter Schweigepflicht!
Was kann man denn tun, wenn es Freunden schlecht geht, die sich aber nicht helfen lassen?
Man kann natürlich da sein, sofern man die Kapazitäten dafür hat. Natürlich kann man auch immer gerne zu mir kommen und ich möchte auch nochmal betonen, dass hier kein Redezwang herrscht. Ich möchte das gerne so frei wie möglich hier haben.
Haben Sie einen Rat an alle SchülerInnen, LehrerInnen und sonstige Menschen?
Das Erste, was mir einfällt, das klingt so ein bisschen kitschig, aber auf sich selber zu achten und zu hören und sich selbst Hilfe und Unterstützung zu suchen, wenn es nötig ist. Passt auf euch selbst und andere auf!
Dann vielen, vielen Dank für das Interview!
Ich danke dir!
Das Interview führte Antonia Luigs (Q2)