Katar – wenn der Fußball zum Trauerspiel wird.

Wenn mehrere tausend Menschen sterben, um ein Sportevent zu verwirklichen. Wenn einer der WM-Botschafter Schwulsein als „geistigen Schaden“ bezeichnet. Wenn der Aufdruck „Menschenrechte“ als politische Botschaft verboten wird, dann weiß man, dass etwas schiefläuft.
Konditionen, die es jedem Menschen unverständlich machen, wie es zu diesem Desaster der WM-Vergabe an den Wüstenstaat Katar kam.

2010 – Der Langzeit Favorit für die WM 2022, die USA, war geschlagen worden. Gewonnen hatte Katar, obwohl das Land laut den FIFA-Prüfberichten am wenigsten für eine WM-Ausrichtung geeignet sei. Vermutet wurde Korruption.

Mai 2015 – Nach zahlreichen Verhaftungen in der Schweiz und Ermittlungen in den USA wurde es bewiesen: Die WM in Katar war gekauft. Katar bestreitet jedoch bis heute jegliche Vorwürfe.
Katar, ein Land, das bis hin zur WM-Vergabe keine Infrastruktur für ein solches Event aufzeigen konnte. Für den Bau dieser Infrastruktur wurden Gastarbeiter aus Ländern wie z.B. Indien, Bangladesch, Nepal, Pakistan und Sri Lanka beauftragt. Allein aus diesen fünf Ländern sind laut dem Guardian ca. 6500 vom Jahre 2010 bis 2019 in Katar verstorben. 37 von diesen Fällen sollen direkt beim Bau gewesen sein. Und obwohl bei den meisten die Todesursache als „natürlich“ eingestuft wird, geht der Guardian davon aus, dass der Großteil der Tode mit dem Großprojekt in Verbindung stehen. Noch aus vielen weiteren Ländern arbeiten Gastarbeiter in Katar, jedoch gibt es aus diesen Ländern kaum Zahlen. Amnesty International geht jedoch insgesamt von ca. 15.000 Toten aus. Doch ob bei den Arbeiten für die WM nicht noch mehr gestorben sind, kann man nicht genau ermitteln. Demnach kostet ein Spiel bei dieser WM mindestens 234 Menschen das Leben.
Nur eines ist sicher. Die Zahl der Toten, die FIFA-Präsident Gianni Infantino am 26.01.2022 im Europarat in Straßburg präsentiert hat, weist im Vergleich zu anderen Zahlen eine enorme Diskrepanz auf. Er behauptete, dass in Katar „drei“ Menschen bei den Arbeiten an den Stadien verstorben seien. Hierbei bezieht er sich auf die Angaben des Supreme Committee (SC). Die SC organisiert die WM in Katar.

Unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten die Gastarbeiter in Katar. Löhne werden, trotz des kürzlich angehobenen Mindestlohns, nicht ausgezahlt. Auch werden den Gastarbeitern illegal ihre Pässe vom Arbeitgeber abgenommen, damit diese an die Arbeit gebunden sind. Überarbeitung, Überhitzung und unwürdige Unterkünfte gehören zum Alltag der meisten Gastarbeiter.

November 2022 – Und es stellt sich die Frage: Wofür das Ganze? Der Beginn der WM steht kurz bevor. Diesen Sonntag ist es soweit. Dann wird der Ball wieder Rollen. Doch haben die Verantwortlichen der WM nur wenig an ihrem Verhalten und ihren Taten geändert. Immer noch werden Arbeiter unter unmenschlichen Bedingungen beschäftigt. Menschen der LGBTQIA+ Community müssen Angst haben, wenn diese nach Katar einreisen wollen, um die WM vor Ort zu verfolgen. Verstärkt wurde diese Angst nochmals von den Aussagen des WM-Botschafter Khalid Salman, welcher Schwulsein als einen „geistigen Schaden“ abtut. Und auch die FIFA macht weitere Fehler, wie z.B. dass der Aufdruck „Menschenrechte für alle“ für die dänische Mannschaft verboten worden ist, da es eine politische Botschaft sei und diese nicht in den Fußball gehöre. Wie kann man sich mit dieser WM als Fußballfan, gar als Mensch identifizieren? Die Vorfreude vor einer WM schien noch nie so gering zu sein. Das ist auch gut so. Die FIFA sprach davon, dass sich mit der Austragung der WM in Katar die Menschenrechtslage dort bessern würde. Doch neben kleinen Arbeitsrechtsreformen, die kaum eingehalten werden, hat sich nichts in Katar geändert.

Wenn man den Fußball liebt, dann schaut man sich diese Veranstaltung nicht an, die symbolisch auf einem Grab stattfindet. Katar sieht diese WM als Werbung für das Land an und will sich so in der westlichen Welt verankern. Doch wenn Menschenleben für eine WM geopfert werden, wenn die Freiheit eines jeden einzelnen nicht eingehalten wird, wenn neben den desaströsen Arbeitsverhältnissen und der Diskriminierung von Frauen und queeren Personen auch noch die Pressefreiheit eingeschränkt wird, damit ja niemand mitbekommt was im Wüstenstaat sich so alles abspielt: Wie können wir dann dieses Land unterstützen? Wie können wir dann im Trikot und mit schwingender Fahne vor dem Fernseher sitzen und feiern, wenn unsere Mannschaft einen Sieg einfährt? Ich kann das nicht. Und das ist, warum ich die WM in Katar boykottiere.

Myrtho Politis (Q2)

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