„Gemeinschaft braucht Rituale“ – so die These von Kim de l´Horizon, der Autorenperson von „Blutbuch“, mit welchem dey (Kim ist nicht-binär) 2022 sowohl den Deutschen als auch den Schweizer Buchpreis gewonnen hat. Bevor Kim gestern Abend im Kölner Schauspiel mit der Philosophin Eva von Redecker über das Werk sprach, zündete dey einen Salbeizweig an und formte das Publikum in den ausverkauften Rängen durch das Legen eines duftenden Bannkreises schamanenhaft zu einer Gemeinde. Mehrere Schülerinnen und Schüler aus der Q2, die sich zur Zeit im Deutschunterricht ein literarisches Urteil zu dem Roman erarbeiten, erlebten diese Einverleibung vor Ort mit. Mit dem „Rausch“ als Thema des sich anschließenden Gesprächs folgte die Veranstaltung dem inhaltlichen Rahmen des Poetry Slam, der beim letzten Schulfest am DBG ausgetragen worden war. Rauschhaft war das Erleben der sich gegenseitig entzündenden Assoziationen von Kim und Eva über den Menschen als Anti-Monade, als offenes Wesen, das sich in Begegnungen verändern lässt und zurückstrahlt auf den anderen. Kim, dey die eigene Vorstellung zu lieben mit der Metapher des „Hexerischen“ bezeichnet, führte aus, dass es selbst in verletzenden Begegnungen heilsames Zurückstrahlen geben könne. Wo der rote Faden fehlte, entschädigte der Wortzauber von Philosophie und Poesie, die sich stürmisch umtanzten.
Am Ende ging ein anwesender Priester ohne Applaus und Kommentar: Wo die Menschen Kultus und Ethos suchen und nicht suchen, lag in der Salbeiluft. Das Rauschen mündete in einen Beifallssturm und die Schülerinnen und Schüler ließen sich Ihre Ausgabe von Kim signieren.
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